Durch die Covid-19-Pandemie hat sich unser normaler Arbeitsalltag sehr stark verändert. Dies gilt für Arbeitnehmer aber auch im Besonderen für Unternehmen, die mit stark veränderten Auftragslagen und zusätzlichen Personalausfällen zu kämpfen haben.
Je nach Branche kommt hinzu, dass es zu Corona bedingten Auftragsrückgängen oder aber auch zu einer vermehrten Auftragsnachfrage wie z. B. im Pharma- und Gesundheitsbereich kommen kann.
In allen Fällen gilt, dass das Unternehmen aus wirtschaftlichen und existenziellen Gründen schnell und flexibel reagieren muss. –
Flexibilisierung des Mitarbeitereinsatzes
Eine Möglichkeit, um einen Totalausfall der Mitarbeiter durch Corona entgegenzuwirken, ist ein vermehrtes Arbeiten in festen Teams. Dadurch wird gewährleistet, dass nur ein Teil der Mitarbeiter im Falle einer Quarantäne ausfällt.
Dies kann durch Bildung von gleichbleibenden Schichtteams umgesetzt werden. Auch das Ausdünnen der Tagschicht und versetzt liegende Arbeitszeiten, können das Problem entschärfen.
Nicht in jedem Unternehmen sind alle Möglichkeiten aufgrund unterschiedlicher Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen umsetzbar. Daher sind Lösungsansätze unternehmensspezifisch zu prüfen und andere Varianten in Betracht zu ziehen. –
Höhere Produktionszeitbedürfnisse
Kommt es im Unternehmen zu einem erhöhten Produktionszeitbedarf, können die Betriebszeiten ausgeweitet werden.
Dies kann durch versetzte Schichten geschehen, wobei in der Überlappungsphase doppelte Besetzungsstärke vorhanden ist, in der Auftragsspitzen aufgefangen werden können.
Eine höhere Betriebszeit erhält man durch nacheinander folgende Wechselschichten. Vorteil ist, dass die Schichtgruppen sich nicht direkt am Arbeitsplatz begegnen müssen. Allerdings muss hierbei berücksichtigt werden, dass bei der Schichtübergabe und im Umkleideraum die Abstands- und Hygienevorschriften eingehalten werden.
Ist eine größere Ausdehnung der Betriebszeiten nötig, können weitere Schichten (Spät- und Nachtschichten) in die Woche und auf das Wochenende gelegt werden.
Eine Möglichkeit flexibel auf Auftragseingänge reagieren zu können ist, mögliche Produktionserweiterungsschichten am Wochenende einzuplanen. Diese können flexibel bei Bedarf mit einer unternehmensspezifischen Ankündigungsfrist vom Unternehmen als Ansageschichten abgerufen werden.
Dabei sollte immer darauf geachtet werden, dass Maßnahmen ergriffen werden, um den damit einhergehenden erhöhten Personalbedarf ausgleichen zu können.
Kurzfristig kann dies bedeuten, dass es zum Einsatz von kostenintensiven Leiharbeiternehmer – falls es der Arbeitsplatz erlaubt – kommt. Auch ein Versetzen anderer Mitarbeiter in den entsprechenden Bereich wäre eine Möglichkeit kurzfristig einen Ausgleich zu schaffen.
Sollte kein Ausgleich vorgenommen werden, fällt Mehrarbeit an. Hierbei ist unbedingt auf die Mehrbelastung der Mitarbeiter zu achten. Denn Mehrarbeit auf Dauer zu leisten, führt erfahrungsgemäß zu Unzufriedenheit bei der Belegschaft und es kann zu gesundheitlichen Problemen führen.
Wird absehbar, dass die erhöhten Produktionszeitbedürfnisse bestehen bleiben, sollte das bestehenden Schichtsystem angepasst werden.
Die Auftragslage ist rückläufig – Und nun?
Da die Unternehmensstrukturen und Arbeitsabläufe von Unternehmen sehr unterschiedlich sind, müssen individuelle Maßnahmen auf ihre betriebsinterne Umsetzbarkeit geprüft werden.
Kurzfristig kann dies bedeuten, dass evtl. bestehende Mehrarbeit in dieser Zeit ausgeglichen oder Qualifizierungen durchgeführt werden können.
Geprüft werden kann auch, ob Mitarbeiter in andere Abteilungen versetzt oder die Schichtbesetzungen reduziert werden können (ausgedünnte Schichtbesetzungen). Gleiches gilt auch für den Wegfall ganzer Produktionstage.
Die reduzierte Arbeitszeit kann u. U. in einer Jahresarbeitszeitbetrachtung wieder ausgeglichen werden. –
Kurzarbeit und Anpassung des Schichtsystems
Sind die Auftragsrückgänge im Unternehmen so stark, dass sie mit anderen Mitteln nicht kompensiert oder wirtschaftlich auf Dauer nicht aufgefangen werden können, kann durch die Beantragung von Kurzarbeit wirtschaftlichen Schwierigkeiten entgegengewirkt werden. Damit werden Personalkosten gesenkt, Entlassungen vermieden und qualifiziertes Fachpersonal im Unternehmen gehalten.
Aber auch die Anpassung des Schichtsystems kann mit erfolgversprechenden Lösungen durch die Krise führen, was nachfolgendes Praxisbeispiel zeigt. –
Anpassung des Arbeitszeitsystems bei gesunkener Auftragslage
In einem Papier erzeugenden Unternehmen brachen die Aufträge weg. Eine Auftragserholung war kurzfristig nicht absehbar. Hinzu kam, dass die Vergabe von Aufträgen immer kurzfristiger und die Produktionsplanung somit immer schwieriger wurde.
Die Produktionszeitanalyse ergab, dass die benötigte Produktionszeit nur noch 24 Std. an 5 Tagen betrug. Folge war, dass es zu wöchentlichem An- und Abfahren der Anlagen kam.
Unsere Empfehlung war, die An- und Abfahrten durch Verlängerung der zusammenhängende Arbeitsblöcke und Stillstandstage im Block, zu reduzieren.
Im Unternehmen bestand ein Qualifizierungsbedarf. Daher sollten Trainingsschichten im Schichtplan integriert werden. Trotz der Qualifizierungsmaßnahmen war immer noch ein Personalüberhang vorhanden. Die Geschäftsleitung war überzeugt, dass die Produktion wieder ansteigen wird und beschloss Kurzarbeit zu beantragen.
Es wurde ein flexibler 5-Schichtgruppenplan entwickelt indem 11/9-tägige Arbeitsblöcke und 3/5 Stillstandtage sowie Trainingsschichten eingeplant wurden. Durch einen optimalen Schichtrhythmus war es möglich, jederzeit die Produktion zu erweitern oder in ein Vollkonti-System zurückzukehren.
Erfolg:
Durch die Reduzierung der An- und Abfahrten entstand eine Kostenersparnis von 50 %. Es wurden keine Mitarbeiter entlassen; hochqualifiziertes Fachpersonal konnte somit im Unternehmen gehalten werden.
Das neue Schichtsystem weist eine hohe Flexibilität auf und es ist ein sofortiger Übergang zu einer 7-Tage-Produktion möglich.
Die Qualifikationen der Mitarbeiter wurden verbessert und die Personalkosten während der Kurzarbeit gesenkt.
Fazit:
In schwierigen wirtschaftlichen Zeiten von Covid-19 haben auch Produktionsbetriebe viele Möglichkeiten auf sich veränderte Auftragslagen flexibel zu reagieren und somit wirtschaftlich durch die Krise zu kommen. xxxxxxxxxxxxxxxx
Autorin: Petra Strahl
Petra Strahl ist Geschäftsleiterin der Flextime Consult Arbeitszeitberatung mit Sitz in Hannover. Mit ihrem Unternehmen ist sie seit rund 20 Jahren im Bereich der Arbeitszeitberatung mit dem Schwerpunkt Erstellung und Einführung flexibler und humaner Schichtsysteme in Klein- bis Großkonzernen unterschiedlicher Branchen tätig.